Der Sparkäfer mit Einfach-Ausstattung und 34PS-Motor erhielt im Zeichen steigender Automobilpreise und Unterhaltungskosten neue Attraktivität, denn die Einstellung zum Auto ist sachlicher denn je. Der Prestigewert zählt wenig, der praktische Nutzeffekt bei möglichst geringen finanziellen Aufwand dagegen viel. So kann es nicht weiter verwundern, daß der Käfer in seiner billigsten Form eine Art Renaissance erlebt.
Tatsächlich gibt es in der reichhaltigen Autopalette kein Fahrzeug, dass einen so hohen Grad der Ausreifung und Bewährung besitzt wie der Käfer 1200.Trotz verschiedener Modernisierungsversuche, die auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen sind, blieb der heutige Sparkäfer das, was er immer war: anspruchslos, billig und zuverlässig. Dabei muß man durchaus Konzessionen machen, denn ohne den komplexen Aufwand moderner Fahrwerkstechnik verlangt beispielsweise die Pendelachse in Kurven erhöhte Aufmerksamkeit. Und ohne die leistungsorientierte Drehzahlfreudigkeit heutiger Motoren sind eben nur bescheidene Fahrleistungen möglich.
Dieser Käfer appelliert jedoch nicht an den Leistungs- und Perfektionsrausch unserer Automobilgesellschaft (der wurde ohnehin in letzter Zeit sehr gedämpft), er erscheint vielmehr als eine Mischung aus Nostalgie und Vernunft. Eine durchaus bekömmliche Mixtur, was der Wagen im täglichen Einsatz und beim Wiederverkauf beweist.
Der Sparkäfer im Jeans-Anzug erschien zum ersten Mal im Herbst 1973 auf dem Markt. Das September-Angebot präsentierte sich im gedecktem Tunisgelb, mit Sportfelgen und mattschwarzen Zierteilen. Der Verkaufserfolg dürfte wohl auch die Väter dieser glorreichen Idee überrascht haben. Bei der zweiten Jeans-Aktion im März 1974 wurde das Farbprogramm mit Brillantgelb und Phönixrot variiert. Auch dabei zeigte sich ungewöhnliches an der Verkaufsfront. Seit Oktober 1974 und bis Ende Januar 1975 läuft nun die dritte Jeans-Käfer-Welle, mit der Lackierung in Nepalorange.
Allen Jeans-Aktionen gemeinsam ist die Ausstattung des Wagens mit einem ordentlichen Zubehörpaket, dessen Zusammensetzung allerdings wechselt. Dieses Paket wird unter Wert verkauft, denn der normale Mehrausstattungspreis ist kräftig reduziert. So kann der jetzt angebotene Jeans-Käfer mit folgenden erwähnenswerten Details aufwarten:
Dazu kommen ganz selbstverständlich, die Vordersitze mit integrierter Kopfstütze, bezogen mit blauen Jeansstoff, der dem Kind schließlich seinen Namen gab. Einige dieser Ausstattungsdetails sind für den gewöhnlichen Sparkäfer ab Werk nicht für Geld und gute Worte zu bekommen. Zum Beispiel der Jeansstoff, die Sonderlackierung Nepalorange, die Schalttafelpolsterung (nur 1200L) und die Sportfelgen. Alles in allem läßt sich für die Sonderausstattung unter Brüdern ein Mehrpreis von etwa 800 DM errechnen, der Käufer wird jedoch nur mit 400 DM zur Kasse gebeten. Die unverbindliche Preisempfehlung für den Sparkäfer lautet 6395 DM, der Jeans-Käfer steht mit 6795 DM zu Buche, ein gutes Geschäft für den Käufer.
Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß ein dergestalt ausgerüsteter Käfer einiges an Ansehen und Wohnlichkeit gewinnt. Vom praktischen Nutzwert der 12 Volt-Anlage mit Halogenscheinwerfern und heizbarer Heckscheibe beispielsweise gar nicht zu reden. Dennoch ist im Innenraum die Basis des Sportmodells sichtbar. An Dachholmen und Türen zeigt sich unverkleidetes Blech. Die kräftige Geräuschkulisse bringt eben noch erfüllte Mindestanforderungen an die Dämpfung des Motorlärmes zum Bewußtsein. Hier jedoch hat die GUTE FAHRT probate Mittel gegen den Lärm parat, deren ausfühliche Beschreibung im Heft 12/74 zu finden sind. Nur soviel dazu: Es empfiehlt sich dringend, bei Übernahme des Wagens gleich eine Heckablage über dem hinteren Kofferraum anzubringen. Für etwa 25 DM offeriert der VW-Händler dieses Zubehör, das außer einer guten Geräuschdämpfung den Vorteil besitzt, den Inhalt des Kofferraums vor neugierigen Blicken zu schützen.
Unter dem Blech des Jeans-Käfers sucht man technische Finessen und komplizierte Mechanik vergebens. Die Kurbellenker-Vorderachse ist durchaus konventioneller Machart - aber immerhin genügt sie den Rennwagen der Formel Vau 1300 für verschärften Galopp. Und Autocross-Spezialisten loben ebenso wie Fahrer von Off-Road-Mobilen einhellig ihre Robustheit unter härtesten Bedingungen. Ähnliches gibt es über die hintere Pendelachse zu berichten, deren Reaktion im Grenzbereich jedoch nicht unproblematisch ist. Die starken Spur- und Sturzveränderungen dieser Konstruktion raten zu mäßiger Gangart in Kurven, ein Ausbrechen des Wagenhecks ist sonst schnell provoziert. Im normalen und vernüftigen Fahrbetrieb allerdings gibt sich auch die Pendelachse brav und gelassen. Wer die Ausgabe nicht scheut, kann deutliche Verbesserungen zudem durch Verwendung von 5 1/2 Zoll-Felgen und Reifen der Dimension 175/70 HR 15 erzielen.
Eine hohe Lebensdauer und geringe Ansprüche an die Wartung sind die Vorzüge des 1200ccm Motors. Hinzu kommt ein bescheidener Benzin- und Ölverbrauch. Die Maschine ist Garant für vernünftige Unterhaltskosten. |
Die Fahrleistungen des Jeans-Käfers nehmen sich - verglichen mit dem sonst üblichen Niveau dieser Hubraumklasse - bescheiden aus. Tatsächlich ist eine Beschleunigung von 0 bis 100 km/h in 25,8 Sekunden (Meßwert) nicht geeignet, Rennen zu veranstalten. Der Käfer erhebt auch keinen Anspruch, ein Langstrecken-Reisewagen zu sein, der auf der Autobahn zur mühelosen Kilometerfresserei eingesetzt wird. Dennoch konnt man auch mit der mittleren Höchstgeschwindigkeit von 121 km/h (Meßwert) in durchaus überschaubaren Zeiträumen ans Ziel. Der Unterschied auf der 550 km langen Strecke zwischen Hannover und Stuttgart zu einem 55-PS-Passat liegt bei maximal einer Stunde.
Gegenüber den stärkeren Käfermodellen macht sich beim Typ 1200 das geringere Leergewicht positiv bemerkbar, die Differenz im Leistungsgewicht ist nicht sehr groß (1200/34PS = 22,3kg/PS - 1600/50PS = 17,8 kg/PS). In jedem Fall reichen Motor- und Fahrleistungen aus, um sich auch im heutigen Verkehrsfluß gut mitbewegen zu können.
Stärken des Motors sind sein hoher Reifegrad, der keine unangenehmen Überraschungen in sich birgt, und die weitgehende Anspruchslosigkeit an Wartung und Betriebsmitteln. Das Triebwerk ist für sehr hohe Laufleistungen gut, von denen Besitzer modern konzipierter Fahrzeuge meist nur träumen. Der überaus elastische Motor erreicht seine maximale Leistung von 34 PS bereits bei 3800 U/min - ein Drehzahlbereich, der vergleichsweise niedrig erscheint und tatsächlich eine Art Lebensdauer-Garatie darstellt. Hinzu kommt ein Vollastverbrauch von 10,5 Liter Normalbenzin (Meßwert), der den Rahmen des Erträglichen wirklich nicht übersteigt. Der Ölverbrauch liegt unter 0,5 Liter auf 1000 km und ist damit kaum erwähnenswert.
Der Jeans-Käfer bietet insgesamt ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Angebot und Preis. Die routinierte und anerkannt exakte Verarbeitung, der problemlose und dabei preiswerte Fahrbetrieb, das sinnvolle, praktische und billig offerierte Ausstattungspaket sichern diesem Gebrauchsmobil mit eigener Note zweifellos auch weiterhin gebührende Beachtung.
Technische Daten und Meßergebnisse | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Motor: Vierzylinder Viertakt Boxermotor im Heck eingebaut, luftgekühlt, Hubraum 1192ccm, Verdichtung 7,0. Leistung 34PS bei 3800 U/min, max. Drehmoment 7,6 mkg bei 1700 U/min. Kraftübertragung: Antrieb auf die Hinterräder, vollsynchronisiertes Vierganggetriebe. Fahrwerk: Vorn Einzelradaufhängung an Kurbellenkern/Torsionsstäbe. Hinten Einzelradaufhängung (Pendelachse), Längslenker / Torsionsstäbe. Räder 4 1/2Jx15, Reifen 155 SR 15. Abmessungen: Radstand 2400 mm. Spur v/h 1308 / 1349 mm. Länge / Breite / Höhe 4060 / 1550 / 1500 mm. Leergewicht 760 kg, zul.Gesamtgewicht 1140 kg. Beschleunigung in s:
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Quelle: Gute Fahrt 1/75